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«Man sparte zu viel. Die Sicherheit ist kaum mehr zu gewährleisten»
 
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Generalstabschef Christophe Keckeis über die Sicherheitsproblematik beim G-8-Gipfel in Evian


«Man sollte Chaoten viel konsequenter verfolgen»: Christophe Keckeis




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VON OTHMAR VON MATT

Christophe Keckeis, die Armee entsendet 5600 Soldaten zum G-8-Gipfel in Evian. Was heisst das für die Sicherheitssituation der Schweiz?

Die Armee hat die Aufgabe, Sicherheit zu produzieren im Rahmen des Grundsatzes «Sicherheit durch Kooperation». Im Moment stehen täglich über tausend Soldaten für Sicherheitsaufgaben im Einsatz. Und dies neben dem G-8-Gipfel. Die Armee wird immer wieder kritisiert, sie suche neue Aufgaben. Das stimmt so nicht. Realität ist: Die Armee erfüllt im Rahmen der Sicherheit durch Kooperation ihren Auftrag, was aber beim G-8-Gipfel alles andere als einfach ist.

Was macht es schwierig?

Wir erhalten täglich neue Anfragen von Polizeikorps und Kantonen für den G-8-Gipfel. Man stellt zum Beispiel fest, dass 400 Fahrzeuge oder Personalressourcen fehlen. Schon am ersten Tag, als die Begehren auf den Tisch kamen, sah man: Das wird schwierig.

Was schliessen Sie daraus?

Wir sind mit dem G-8-Gipfel in einer schwierigen Situation. Der Moment ist gekommen, die Sicherheitssituation der Schweiz im Sinne des sicherheitspolitischen Berichts grundsätzlich neu anzugehen. Vom Produkt her. Wir müssen bei den Leistungen ansetzen, müssen eine Palette von Produkten definieren, die wir benötigen. Erst danach sollten wir die Diskussionen führen, wer was macht gesamtschweizerisch.

Warum ist es nicht möglich, das Problem auf diese Weise anzugehen?

Es ist nicht unmöglich, aber es ist schwierig, weil hohe Emotionen hinter dem Thema stecken. Der Prozess wird immer wieder von hinten aufgerollt: bei den Kosten.

Eine Kritik am Föderalismus?

Nein. Als Bürger stelle ich fest: Bei der Armee haben wir national sehr klare Vorstellung, was wir mit ihr wollen. Hier gibt es im Verteidigungsbereich auch eine klare Führung. Schwierigkeiten haben wir im Bereich Sicherheit, weil wir dauernd einen absoluten Unterschied machen zwischen äusserer und innerer Sicherheit. Für die äussere Sicherheit ist die Armee verantwortlich, für die innere die Polizei. Der G-8-Gipfel zeigt nun, dass die Grenze zwischen innerer und äusserer Sicherheit fliessend ist. Die Polizei kann die vielfältigen Anforderungen beim G-8-Gipfel nicht allein bewältigen. Dort haben wir im Bereich der inneren Sicherheit ein Problem. Die Armee kann zur Lösung beitragen.

Man muss neue Wege gehen?

Das Beispiel des G-8-Gipfels zeigt zwei Phänomene. Die Armee ist mit Frankreich international im Einsatz. Gleichzeitig arbeitet sie subsidiär mit drei Kantonen zusammen. Verfassungsmässig behalten die Kantone ihre Kompetenzen, selbst in der Krise. In Bern haben wir folgende Situation: Der Sicherheitsausschuss des Bundesrates, Verteidigungsminister Schmid und ich als Armeechef stehen drei Kantonen gegenüber. In Frankreich ist die Situation einfacher: Man kann über alle Mittel national verfügen. Wir benötigen unglaublich viel Energie, um eine an sich einfache Übung über die Bühne zu bringen.

Der Einsatz der Armee wurde im heiklen Bereich entschärft: Soldaten kommen nicht in Kontakt mit Demonstranten.

Die Armee hat die Aufgabe, für zwei Veranstaltungen subsidiär Sicherheitsleistungen zu erbringen: für den G-8-Gipfel und für die Demonstrationen der Globalisierungsgegner, die ein verfassungsmässiges Grundrecht beanspruchen. Aber bei allem Respekt: Es macht mir Mühe, dass der Teil der Demonsttrationen nicht zuletzt mit Hilfe der Medien ein ungleich grosses Gewicht erhält. Es geht doch in erster Linie um das Zusammentreffen von 27 Staatspräsidenten inklusive der G-8-Staatspräsidenten, die eine bessere Welt andenken möchten. Es kann doch nicht sein, dass aus einer Begleiterscheinung ein echtes Problem produziert wird.

Was ist Ihrer Meinung nach verschoben?

Ein Zeichen, dass etwas nicht mehr stimmt, sind die Chaoten. Einige wenige bringen es fertig, Manifestationen vieler Menschen zu verschmutzen, die ihre Ethik und ihre Rechte verhältnismässig zum Ausdruck bringen möchten. Die Schweiz ist doch eine Traumplattform für solche Gespräche, Konferenzen und Demonstrationen. Die Schweiz hat im Ausland immer noch ein Traum-Demokratie-Image. Aber wir laufen Gefahr, dieses Image mit Gewaltbildern zu zerstören. Das ergibt ein negatives Bild.

Was würden Sie tun?

Man sollte Chaoten viel konsequenter verfolgen und Bewilligungen für Manifestationen restriktiver erteilen können. Wir gehen aus zu gut gemeintem demokratischem Bestreben oft zu weit. Wenn man schon weiss, dass gewisse Chaoten die Chance nutzen, um für ein Debakel zu sorgen, sollten die Behörden trotz verfassungsmässigem Demonstrationsrecht den Mut haben zu sagen: Demonstrationen sind nur vor oder nach der Konferenz möglich.

Würde das die Probleme lösen?

Es wäre ein Ansatz. Obwohl sich die Chaoten wohl eine andere Plattform suchen würden. Wir haben aber ein Problem. Tausende zwischen Lausanne und Genf leben in Angst. Das WEF in Davos löste ein Problem in Bern aus, der 1. Mai eines in Lausanne. Die Situation wird auf diese Weise unberechenbar. Die Schweiz muss doch ein sicheres Land bleiben. Kann die Schweiz die Sicherheit von Konferenzen nicht mehr gewährleisten, ist ihr Image dramatisch angeschlagen. Heute wird Sicherheit oft erst zum Thema, wenn Ressourcenfragen auftauchen.

Die Schweiz spart zu stark?

Sicherheit ist nicht gratis zu haben. Wer Sicherheit will, bezahlt eine Art Versicherungsprämie. In den letzten Jah ren sparte man so stark, dass Sicherheit kaum mehr zu gewährleisten ist.

Sprechen Sie Armee oder Polizei an?

Alle. Das Grenzwachtkorps ist ein Beispiel. Die Kantone sind ein anderes. Auch am Produkt Armee zweifelt man.

Aber der G-8-Gipfel zeigt: Es sind neue Herausforderungen hinzugekommen.

Genf ist per definitionem eine Konferenzstadt. In Genf sind 37 internationale Organisationen stationiert. Dieses Image muss die Schweiz pflegen, hier muss sie beweisen, wozu sie fähig ist.




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